Mit einem reichhaltigen Gottesdienstprogramm feierten die drei Kirchen im Wegenstettertal am Sonntag den Erntedank-Gottesdienst 2023. Auch mit Noa-Wein.
Erntedank-Gottesdienst mit Pfr. Godwin Ukatu, Pfr. Niklas Raggenbass und Pfrn. Irina van Bürck
Mit dem Erntedank-Gottesdienst erinnerten die drei Kirchen im Wegenstettertal in der röm.-katholischen Kirche Zuzgen daran, dass es letztlich die Güte des Schöpfers ist, die uns mit wunderbaren und köstlichen Nahrungsmitteln wie Früchten, Gemüse und Brot beschenkt. Symbolisch liegen diese Gaben, von Gottesdienst-Teilnehmenden mitgebracht, in kleineren und grösseren Körben vor dem Altar. Sie wurden im Laufe der Feier von der reformierten Pfarrerin gesegnet.
Dass die Liturgie gleich von den drei Pfarrpersonen geleitet wurde, vermittelte dem Gottesdienst Vielfalt und Tiefe. Die Beiträge bezogen sich auf das Lied vom Weinberg in Jesaja 5 und auf das Gleichnis vom Weinberg im Johannes-Evangelium. Beide handeln vom Gedeihen und Reifen der Traubenfrucht, aber auch von Missernten und beziehen sich auf die Beziehung des Menschen zum Schöpfer. „Wer in mir bleibt, und ich in ihm, der bringt viel Frucht“ ist dabei eine Kernaussage in Johannes 15.
In seiner Predigt dazu griff Pfarrer Raggenbass zur Erheiterung der Gottesdienstgemeinde die Legende auf, nach der bereits Noah Weinreben mit der Arche nach Armenien gebracht und dort angepflanzt habe. Bei Ausgrabungen wurde in der Gegend von Areni eine 6000 Jahre alte Weinpresse entdeckt, die darauf hinweist, dass zu dieser Zeit bereits Weinbau betrieben wurde. Raggenbass brachte jedenfalls drei Flaschen mit „Noa-Wein“ mit und verteilte sie an das Pfarrerteam!
Festlich untermalt wurde der Gottesdienst von den Musikbeiträgen von Heinz Mangold (Orgel) und Renald Müller (Cornett). Bei einem Apéro kamen die Gottesdienst-Teilnehmenden aus den drei Konfessionen miteinander ins Gespräch und bissen in den Apfel, den ihnen Pfarrer Ukatu aus dem Pfarrgarten mitgebracht hatte und vor der Kirche persönlich verteilte.
Die Predigt von Pfr. Niklas Raggenbass:
Mehr Ökumene wagen
Ich habe hier im Wegenstettertal von der reformierten und der römisch-katholischen Kirche viel gelernt, und bei mancher Predigt habe ich mir überlegt, was wohl Godwin oder Irina zum Gleichnis vom Barmherzigen Samariter oder zur Himmelfahrt sagen würden. Ökumene schafft Vertrauen. Sie versöhnt, bewahrt vor Einseitigkeit, bewegt und bereichert. All unsere gemeinsamen Projekte – auch wenn wir wieder in unsere eigene Kirche gehen – haben dasselbe Ziel und wir setzen uns für eine friedvolle Welt ein und diese «lernbereit gastfreundliche und mutige Ökumene» bildet auch die Basis für den interreligiösen Dialog. Wie viele Meschen sind bis «auf die Zähne vernetzt» und sind doch bitter allein. Da haben wir unser Rezept, dass wir für einander da sind, uns zuhören und uns gegenseitig in unseren Hoffnungen und unseren Zielen unterstützen und nicht mit «gutgemeinten Ratschlägen» gegenseitig blockieren.
Jesus hat zwar nachweislich nicht die Kirche gegründet, doch gab er uns immer wieder Beispiele, wie wir Kirche sein können. Eine berühmtes Beispiel ist das vom Weinstock: Gott hat den Weinstock gepflanzt, Jesus ist der Weinstock und wir die Reben. Wenn wir gut miteinander am Weinstock bleiben, sind wir verbunden mit der göttlichen Lebenskraft der Liebe. Jesus verschweigt nichts. Er sagt nicht, dass dann alles ohne Sorgen und billig zu haben sein wird. Nein. Wir werden auch schwere, stürmische und nicht immer lustige Zeiten erleben. Sorgsam dranbleiben und daran arbeiten, wie wir diese Verbundenheit «kultivieren», was sorgsam pflegen, heisst. Nicht zufällig kommt in dem kleinen Gleichnis vom Weinstock das Wort Dranbleiben über 10 Mal vor! – Wie überhaupt der Weinstock und die Reben in der ganzen Bibel eine prominente Rolle spielen.
Schon ganz zu Anfang bei der Geschichte von Noa mit seiner Arche kommt der Weinstock vor. Als wir gestern in einem Restaurant waren, wurde uns ein feiner Wein serviert mit dem biblischen Namen Noa. Es ist ein Wein aus Armenien. Dort soll der Legende nach Nao nach der Sintflut angekommen sein. Neben den vielen Tieren hatte er noch etwas mitgenommen: Einen Weinstock, und er wurde zum ersten Winzer der Weltgeschichte. Nun ist das eine schöne Geschichte. Doch jede Geschichte bekommt eine lebendige Wurzel, wenn etwas dran ist, das heisst, von etwas stammt. Hier ist es ein archäologischer Fund in Armenien. Man entdeckte eine 6000 Jahre alte Weinpresse. So auch in unserem Leben, wenn wir von uns Geschichten erzählen, mit denen wir bei uns daheim etwas zum Besten geben wollen oder etwas Beispielhaft sagen wollen. Wenn bei «unserer Geschichte» ein Funke wahr ist, dann bekommt die ganze Geschichte eine Lebendigkeit, die zündet.
«Bleibt an mir dran und ich bleibe in euch», sagt der Wanderprediger Jesus: Was habe wir nicht alle für Wünsche. Würden wir sie alle aufschreiben, es liesse sich ein grosser Korb füllen, wie die hier vorne mit den Äpfeln vom Pfarrgarten oder dem Brot von den Bauern. Liebe Freude, Arbeit, Zufriedenheit, Gesundheit, Geduld, Freude und Humor. Unsere Vision vom Frieden erhält ihre Kraft im Bewusstsein, dass wir alle am selben Weinstock hängen und der Kampf zwischen den Religionen, Konfessionen und Religionslosen undenkbar wird.
Pfr. Niklas Raggenbass