Zu diesen drei Themen sprach der promovierte Theologe Hans Ulrich Reifler am Donnerstag vor einem interessierten Publikum im reformierten Kirchgemeindehaus Zuzgen. Er sprach als erfahrener Kursleiter und selbst Betroffener.
Mit dem Basler Theologen, der zusammen mit seiner Frau Karin auch Seminare zur Trauerverarbeitung für Menschen anbietet, die einen nahen Angehörigen verloren haben, konnten die Organisatorinnen des Seniorennachmittags vom 20. Februar kurzfristig einen kompetenten Referenten anstelle der krankheitshalber ausgefallenen Pfrn. Daniela Pfeil engagieren. Er nahm das Thema der vorgesehenen Referentin auf und führte dann in die Theorie und Praxis der Trauerverarbeitung ein.
Was Palliativpflege erfüllen muss
Palliative Care muss laut Hans Ulrich Reifler die folgenden Bedingungen erfüllen: Sie lindert Schmerzen und andere belastende Beschwerden. Sie unterstützt den Patienten darin, so lange wie möglich aktiv zu bleiben. Sie integriert psychische und spirituelle Aspekte. Sie bejaht das Leben und erachtet das Sterben als normalen Prozess. Sie will den Tod weder beschleunigen noch verzögern. Sie unterstützt Angehörige, die Krankheit des Patienten und die eigene Trauer zu verarbeiten. Sie ist Teamarbeit, um den Bedürfnissen von Patienten und Angehörigen möglichst gut gerecht zu werden.
Reifler wies dabei darauf hin, dass eine spirituelle Betreuung heute oft nicht Teil der Palliativpflege sei. Im Fall seiner verstorbenen Frau habe er diese Aufgabe selbst wahrgenommen und zum Beispiel ein Gebet gesprochen, wenn seine Frau dies wünschte. Spiritual Care ist erst auf dem Weg zu einer flächendeckenden Einführung In Krankenhäuser und Pflegeheime.
Der stärkste Stress für einen Menschen
„Trauer ist der stärkste Stress, den ein Mensch überhaupt erfahren kann.“ Mit diesen Worten zitierte Reifler den Psychoanalytiker Collin Murray Parkes. Eine bewusste und adäquate Trauerverarbeitung biete aber auch Chancen. Er zitierte dazu die Psychologin Verena Kast: „Indem wir unseren Verlust betrauern und ihn seelisch verarbeiten, wandeln wir uns. Trauer verändert: Wir gehen bewusster durchs Leben, legen vielleicht ganz andere Massstäbe an unseren Alltag an, entwickeln einen Blick für das, was wir als wesentlich ansehen.“
Die Trauer um einen verstorbenen Menschen, der uns sehr nahe stand, löse eine ganze Kaskade von seelischen, leiblichen und sozialen Reaktionen aus, betonte der Referent, aber auch spirituelle wie das Hadern mit Gott, den man nicht mehr als gütigen Gott erlebt. Es gelte daher, die Trauer zuzulassen, gute Erinnerungen an den Verstorbenen zu bewahren und neue Perspektiven aufzubauen. Dieser Prozess höre nie auf, dürfe nicht abgekürzt werden und gehe nicht ohne Leiden. Doch diese seien nicht sinnlos.
Reifler zitierte dazu den Autor Timothy Keller, der in seinem Buch „Gott im Leid begegnen“ eine christliche Perspektive formuliert: „Leid ist sinnvoll, und richtig betrachtet, kann es uns in die Liebe Gottes hineintreiben und uns mehr innere Stabilität und Kraft geben, als wir uns vorstellen können.“ (im.)